
Selbständige Ernährungsberaterin und Dozentin – ein Blick hinter die Kulissen mit Corinne Bannwart.
Corinne Bannwart ist Ernährungsberaterin, unterrichtet an der Benedict Schule angehende Ernährungsberater:innen und führt gleichzeitig ihre eigene Praxis für Ernährungsberatung. Wer, wenn nicht sie, könnte also spannendere Einblicke in die Welt der Ernährung geben? Im Interview spricht sie über ihren Beruf, die Ausbildung und den Weg in die Selbstständigkeit.
Wie bist du Ernährungsberaterin geworden?
Mein Weg zur Ernährungsberaterin war geprägt von persönlichen Erfahrungen und einer stetig wachsenden Leidenschaft für das Thema Ernährung. Ursprünglich habe ich eine Ausbildung zur Floristin gemacht und danach im Verkauf und im Büro gearbeitet. Nachdem ich Mutter wurde, wuchs mein Interesse am Thema Ernährung, und ich beschloss, die Berufsmatura nachzuholen, um anschliessend Ernährung und Diätetik an der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) zu studieren. Der Weg zum Bachelorabschluss dauerte insgesamt fünf Jahre. Im Jahr 2024 machte ich mich als Ernährungsberaterin mit meiner Praxis für Ernährungsberatung 8e selbstständig. Seit August 2024 unterrichte ich zudem an der Benedict Schule in Luzern und bin zudem in einer ambulanten Praxis für Ernährungsberatung tätig.
Wie bist du dazu gekommen, selber zu unterrichten?
Während meines Studiums absolvierte ich ein Praktikum bei Anja Theobald, die selber seit elf Jahren an der Benedict Schule Luzern unterrichtet. Diese Erfahrung weckte mein Interesse an einer Lehrtätigkeit. Ich finde es sehr bereichernd, mein Fachwissen weiterzugeben und Studierende auf ihrem Weg zu begleiten.
Was ist dir beim Unterrichten wichtig?
Ich lege sehr viel Wert darauf, dass die Studierenden einen maximalen Nutzen aus dem Unterricht ziehen können. Ich animiere sie deshalb auch dazu, sich aktiv am Unterricht zu beteiligen, eigene Ideen einzubringen und ihre Gedanken zu teilen. Mein Ziel ist es, die Studierenden bestmöglich auf den Beratungsalltag vorzubereiten. Deshalb ist der Kurs so aufgebaut, dass die Studierenden die gelernte Theorie schon zu Beginn in Beratungen anwenden können. Ich versuche, eine gute Mischung aus Theorie, praktischen Experimenten und Anwendungsbeispielen zu bieten.
Bekommst du direkte Rückmeldungen über deine Art, zu unterrichten?
Ja, das Feedback, das ich von den Studierenden erhalte, ist grundsätzlich sehr positiv und berührt mich jedes Mal. Ein „Danke“ nach dem Unterricht ist für mich ein grosses Zeichen der Wertschätzung, das mir sehr viel bedeutet. Besonders geschätzt werden die verschiedenen Degustationen, die wir im Rahmen des Lehrgangs durchführen. Beispielsweise organisiere ich eine Degustation zum Thema Brot, bei der wir die Sensorik, Optik und Textur testen und dies mit der Theorie in Verbindung bringen. Ein weiteres Highlight war die Käse-Degustation, bei der wir verschiedene Käsesorten auf Geschmack, Fettgehalt und Konsistenz untersucht haben. Insgesamt schätzen die Studierenden besonders, dass ich die Theorie möglichst anschaulich und praxisorientiert vermittle.
Kursinhalte – Dipl. Ernährungsberater:in Benedict nach ASCA-Richtlinien
Die Lernziele an der Benedict Schule richten sich nach der Methodenliste ASCA.
Anatomie / Physiologie ASCA 11
- Zell-, Gewebe-, Organlehre
- Herz / Atmung / Nerven / Reflexe
- Bewegungsapparat
- Allgemeiner Kenntnisstand Anatomie
Pathologie ASCA 12
- Allgemeine Krankheitslehre
- Krankheitsbilder
Hygiene-/Notfallmassnahmen ASCA 13/14
Psychologie / Psychosomatik ASCA 15
Anamnese / Diagnostik ASCA 16
Grundlagen Ernährung ASCA 211
- Nährstoff- und Lebensmittelkunde
- Nährstoffkunde
- Zusammenhänge zwischen Ernährung und Aktivität
Vertiefung Beratung ASCA 212
- Ernährung im Lebensalter
- Ernährung und Arbeit/Sport
- Gesundheitsförderung/Prophylaxe
- Diätetik
- Konsequenzen einer Über-/Fehlernährung
Einkauf und Menüplanung ASCA 213
Kundenberatung Ernährung ASCA 214/15
Kostenlose und unverbindliche Beratung!
Was gefällt dir an deiner Tätigkeit als Dozentin?
Mir bereitet es Freude, dass ich meine Leidenschaft für Ernährung und Beratung weitergeben kann. Der Rollenwechsel von der ehemaligen Studentin zur Dozentin, die ich heute bin, ist für mich sehr bereichernd und inspirierend. Es gefällt mir, die Theorie immer wieder aus neuen Blickwinkeln zu betrachten und dabei auch mein eigenes Wissen als Ernährungsberaterin ständig zu erweitern. Ein weiterer Aspekt ist die langfristige Begleitung der Klasse. Es ist faszinierend, das Wachstum und die persönliche Entwicklung jedes Einzelnen über die Zeit hinweg zu beobachten und zu sehen, wie die Studierenden mit den erlernten Inhalten wachsen.
Welchen Background bringen deine Studierenden mit?
Die Studierenden verfügen über vielfältige berufliche Hintergründe, wie zum Beispiel Detailhandelsfachpersonen, Köchinnen und Köche, Pflegefachpersonen oder Büroangestellte. Viele Studierende streben nach dem Abschluss eine Selbstständigkeit und die Eröffnung einer eigenen Praxis an. Es gibt aber auch Studierende, die sich in ihrem aktuellen Berufsfeld weiterqualifizieren möchten oder ihre beruflichen Perspektiven in der Ernährungsberatung erweitern wollen.
Ernährungsberaterin Corinne Bannwart beim Unterrichten an der Benedict Schule
Was sind die grössten Benefits der Ausbildung?
Die Studierenden werden realistisch auf den späteren Berufsalltag vorbereitet, was ihnen hilft, sich sicher und kompetent in ihrer zukünftigen Tätigkeit als Ernährungsberater:innen zu bewegen. Zudem erweitert sich ihr Wissen und ihre Fachkompetenz erheblich, was sie in ihrem Berufsleben weiterbringt. Ein weiterer wichtiger Benefit ist die persönliche Entwicklung, besonders in den Bereichen Gesprächsführung und Kommunikation. Diese Fähigkeiten sind nicht nur im beruflichen Kontext von grosser Bedeutung, sondern können auch im Alltag angewendet werden, was den Studierenden hilft, ihre zwischenmenschlichen Fähigkeiten insgesamt zu stärken.
Du hast ja eine eigene Praxis. Was gefällt dir an der Arbeit als Ernährungsberaterin?
Genau! Ich habe im 2024 die Praxis für Ernährungsberatung 8e gegründet. An meiner Arbeit gefällt mir unglaublich viel. Zum einen ist es sehr bereichernd, mit den unterschiedlichsten Menschen zusammenzuarbeiten. Jede Sitzung ist einzigartig, was meinen Beruf lebendig und herausfordernd macht. Ich arbeite mit meinen Klient:innen an alltagsorientierten, langfristigen Ernährungsumstellungen und Verhaltensänderungen, also nicht an kurzfristigen Diäten. Ein weiterer Aspekt, der mir an meinem Beruf gefällt, ist die Zusammenarbeit in einem interprofessionellen Team. Der Austausch mit Ärzten und Psychologen ist für mich sehr wertvoll und bereichert meine Arbeit. Es erfüllt mich, gemeinsam mit den Klient:innen nach individuellen Lösungen zu suchen und diese, Schritt für Schritt in ihren Alltag zu integrieren. Auf diese Weise können sie ihre eigenen Ressourcen nutzen, um Erfolge zu erzielen – was letztlich ihre Selbstwirksamkeit und ihr Selbstvertrauen stärkt.
Hast du dich auf ein bestimmtes Thema spezialisiert?
In meiner Beratung biete ich ein breites Spektrum an. Mein Spezialgebiet sind Essstörungen in all ihren Formen, sei es Adipositas, Bulimie, Binge Eating, Orthorexie oder Anorexie. Besonders fasziniert mich das Thema Adipositas. Gesellschaftlich wird Adipositas oft noch stigmatisiert, und es bedarf noch viel Aufklärungsarbeit, um dieses Thema differenzierter zu betrachten. Adipositas ist ein komplexes Krankheitsbild und kann nicht einfach mit dem Hinweis „iss mal weniger“ behandelt werden.
8e – Praxis für Ernährungsberatung
8e steht für die Idee, dass Essen mehr ist als nur Ernährung. Eine ganzheitliche Ernährungsberatung erfordert alle acht „E“. Nebst Essen und Ernährung sind dies Emotionen, Entwicklung, Erfahrung, Engagement, Entdeckungen und Energie. «Besonders faszinieren mich deshalb die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Psyche. Unser Essverhalten wird nicht nur von unserem physiologischen Hungergefühl bestimmt, sondern auch durch soziale Interaktionen und unser Umfeld», so beschreibt Corinne Bannwart ihre Herangehensweise in ihrer Praxis für Ernährungsberatung 8e.
Was hat dich auf dem Weg zur Selbständigkeit besonders gefordert?
Der administrative Aufwand war eine grosse Herausforderung. Es war nicht immer einfach herauszufinden, welche gesetzlichen Vorgaben ich einhalten musste. Zudem erforderte es viel Mut, diesen Schritt zu wagen. Es war ein grosser Schritt ins Ungewisse, aber mit der richtigen Unterstützung und viel Engagement konnte ich diese Hürden überwinden.
Weshalb braucht es deiner Meinung nach Ernährungsberater:innen?
Die Flut an Informationen und Produkten kann oft überwältigend sein, und viele Menschen wissen nicht, welche Empfehlungen oder Ernährungsformen tatsächlich für sie sinnvoll sind. Daher braucht es kompetente Ernährungsberater:innen, die evidenzbasiert, individuell, empathisch und produkteneutral beraten. Es geht nicht nur um das Vermitteln von Wissen, sondern auch darum, Empathie zu zeigen und auf die individuellen Bedürfnisse der Klient:innen einzugehen. So, dass das Wissen auf die Handlungsebene gebracht werden kann. Ernährungsberater:innen sollten nicht in Kategorien wie "richtig & falsch" oder "gesund & ungesund" denken, sondern vielmehr massgeschneiderte und individuelle Lösungen entwickeln.
Hast du Tipps, um sich selbständig zu machen?
Mein Tipp an Absolvent:innen, die sich selbstständig machen möchten, ist: Habt Mut! Es ist wichtig, sich nicht von der Angst vor dem Unbekannten lähmen zu lassen. Versucht, die Selbstständigkeit mit einer gewissen Leichtigkeit aufzubauen – ohne zu viel Druck. Es braucht Zeit, Vertrauen und Engagement, um sich einen Kundenstamm aufzubauen und erfolgreich zu sein. Glaubt an euch und eure Fähigkeiten, und seid geduldig mit dem Prozess. Alles braucht seine Zeit, und mit einer authentischen und empathischen Herangehensweise werdet ihr langfristig erfolgreich sein.
Corinne Bannwart
Corinne Bannwart (*1989, Luzern) ist Ernährungsberaterin BSc. Nach ihrer Ausbildung zur Floristin, verschiedenen kaufmännischen Tätigkeiten und der Berufsmaturität absolvierte sie von 2019 bis 2024 ein Bachelorstudium in Ernährung und Diätetik an der FFHS. 2024 gründete sie ihre eigene Praxis 8e und unterrichtet seither an der Benedict Schule Luzern. Seit 2019 ist sie zudem Teil des Teams von Kitchen Project.
FAQ – Antworten zu den häufigsten Fragen
Was machen Ernährungsberater:innen?
Ernährungsberater unterstützen Menschen dabei, ihre Ernährungsgewohnheiten zu verbessern und spezifische gesundheitliche Herausforderungen zu bewältigen. Dies umfasst die Beratung bei der Prävention von Krankheiten, der Behandlung von bestehenden gesundheitlichen Problemen wie Unverträglichkeiten oder chronischen Erkrankungen sowie die Entwicklung massgeschneiderter Ernährungspläne.
Wie lange dauert die Ausbildung zur/zum Ernährungsberater:in bei Benedict?
Die Ausbildung dauert 14 Monate.
Welche beruflichen Möglichkeiten habe ich nach der Ausbildung als Ernährungsberater:in?
Nach der Ausbildung kannst du in verschiedenen Bereichen arbeiten, wie z.B. in einer eigenen Praxis, als freiberufliche:r Ernährungsberater:in, in Kliniken, Fitnessstudios, Gesundheitszentren oder bei Unternehmen im Bereich Gesundheit und Wellness. Die Nachfrage nach qualifizierten Ernährungsberaterinnen und Ernährungsberatern wächst stetig.
Kann ich nach der Ausbildung auch selbstständig arbeiten?
Ja, viele Absolventen der Ernährungsberatung entscheiden sich, als Selbstständige zu arbeiten. Mit einer fundierten Ausbildung und praktischen Erfahrungen kannst du deine eigene Praxis eröffnen oder als freiberuflicher Ernährungsberater tätig werden.
Wo kann ich die Ausbildung absolvieren?
Benedict bietet die Ausbildung an allen vier Standorten an: Zürich, Bern, Luzern, St. Gallen.
Welche Module werden unterrichtet?
Der Unterrichtsstoff richtet sich nach den ASCA-Richtlinien und beinhaltet folgende Module:
Anatomie / Physiologie ASCA 11
- Zell-, Gewebe-, Organlehre
- Herz / Atmung / Nerven / Reflexe
- Bewegungsapparat
Pathologie ASCA 12
Hygiene-/Notfallmassnahmen ASCA 13/14
Psychologie / Psychosomatik ASCA 15
Anamnese / Diagnostik ASCA 16
Grundlagen Ernährung ASCA 211
Vertiefung Beratung ASCA 212
- Ernährung im Lebensalter
- Ernährung und Arbeit/Sport
- Gesundheitsförderung/Prophylaxe
- Diätetik
Einkauf und Menüplanung ASCA 213
Kundenberatung Ernährung ASCA 214/15
Was ist ASCA?
ASCA ist ein Qualitätslabel für Komplementärmedizin. Seit über 30 Jahren vergibt die Stiftung ASCA Qualitätslabels an Therapeut:innen, basierend auf strengen Ausbildungsstandards. Durch ihre langjährige Erfahrung ist das ASCA-Label zu einer vertrauten und anerkannten Referenz für viele Krankenkassen, Ausbildungsinstitutionen, Berufsverbände, Behörden und die breite Öffentlichkeit geworden.
Wie ist die Ausbildung aufgebaut?
Die Ausbildung ist in zwei Stufen gegliedert (à 150 Stunden)
- Schulmedizinische Grundlagen
Stufe 2, gem. ASCA
- Erfahrungsmedizinische Methode:
- Ernährungsberatung WAM
Danach kann auf Wunsch Stufe 3 absolviert werden.
Für die Registrierung ASCA des Ernährungsberaters ist Stufe 3 notwendig. Diese Stufe beinhaltet ausschliesslich das Studium von Anatomie, Physiologie, Pathologie sowie der Anamnese und Diagnostik unter Berücksichtigung der medizinischen und paramedizinischen Anforderungen. Dieser Ausbildungsteil erfolgt im Anschluss an Stufe 1 und 2 und umfasst mindestens 300 Stunden (ca. 14 Monate; Samstagskurs).
Was sind die wichtigsten Trends in der Ernährungsberatung?
Aktuell sind vor allem Themen wie vegane Ernährung, Ernährung in den Wechseljahren, Darmgesundheit und die Bedeutung des Mikrobioms in der Ernährungswissenschaft sehr gefragt. Auch die individuelle Anpassung von Ernährungsplänen, basierend auf genetischen und metabolischen Erkenntnissen, gewinnt an Bedeutung.